Interview mit Heike Riedel und Thomas Reinmüller, VfB-Hockeyabteilung
Ein starkes Wir-Gefühl und viele Erfolge
Heute Feier zum 100-jährigen Bestehen - Abteilung ist für die Zukunft gerüstet
Vor 100 Jahren wurde die Hockey- Abteilung des VfB Stuttgart ins Leben gerufen. Aus diesem Grund wird am heutigen Samstag im Kursaal in Bad Cannstatt gefeiert. Die Hockey-Spieler mit ihrer Spielstätte an der Mercedesstraße befinden sich „seit Jahren im Aufwind“, sagen Heike Riedel, die stellvertretende Abteilungsleiterin, und Thomas Reinmüller, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing, unisono.
Handball, Fußball, Basketball oder Leichtathletik - warum ausgerechnet Hockey?
Riedel: Meine Eltern haben Hockey gespielt, deshalb habe ich das 1972 ausprobiert und bin hängen geblieben.
Reinmüller: Mein ältester Sohn hat damit angefangen. Dann bin ich auch eingestiegen und mein Jüngster greift mittlerweile auch zum Schläger.
Der familienbedingte Weg also. Es fällt bei den Spielberichten auch auf, dass immerwiederkehrende Namen auftauchen.
Riedel: Das stimmt so nicht mehr. Früher war Hockey sicher ein Familiensport, und wir haben heute auch noch Spieler und Spielerinnen in dritter Generation in unseren Reihen. Aber das hat sich gewandelt. Anders wäre ein Zuwachs bis auf aktuell 465 Mitglieder nicht möglich gewesen. 1991 waren es noch 207.
Reinmüller: Das ist Höchststand, und davon sind gut 50 Prozent Kinder und Jugendliche.
Wie war das möglich, die Mitgliederzahl mehr als zu verdoppeln?
Riedel: Entscheidend für den Aufschwung und die Entwicklung war die Anstellung eines hauptamtlichen Trainers. Mittlerweile haben wir mit Markus Kaupp und Alexander Dehmer gleich zwei.
Reinmüller: Und die damit verbundenen Aktionen und Kooperationen mit Grundschulen und seit geraumer Zeit auch mit Kindergärten zogen und ziehen einen Zuwachs nach sich. Vier Kindergärten sind das pro Jahr. Im darauffolgenden Jahr folgen vier andere. Mittlerweile holen wir die Kinder sehr früh ab, damit sie uns nicht von anderen Sportarten wie Fußball oder Handball weggeschnappt werden und zudem schon frühzeitig die sportartspezifische Ausbildung kennenlernen. Die Aktionen und Kooperation koordinieren die Trainer und führen sie durch. Genauso liegt die Organisation des Trainings der einzelnen Mannschaften in ihren Händen. Riedel: Die Trainer haben so viel Überzeugungsarbeit geleistet, dass die Mannschaften mittlerweile alle von Spielern und Spielerinnen aus dem aktiven Bereich geleitet werden. Das schweißt zusammen, sorgt für einen guten Zusammenhalt und dann doch wieder für eine familiäre Atmosphäre.
Ist Hockey eigentlich ein erschwinglicher Sport?
Riedel: Bei uns besteht immer die Möglichkeit zum Schnuppern. Das heißt, einzig Sportschuhe müssen mitgebracht werden, ein Schläger wird vorerst gestellt. Dieser kostet aber auch nicht die Welt, für Kinder zum Einstieg etwa 30, für Erwachsene um die 50 Euro. Natürlich gibt es auch weitaus teurere Schläger.
Apropos Schnuppertraining. Können noch Mitglieder aufgenommen werden?
Riedel: Wie gesagt, wir führen verschiedene Aktionen mit der Absicht durch, die Sportart jedem nahe zu bringen, aber auch, um neue Mitglieder zu gewinnen. In der Tat stoßen wir aber an Grenzen. Vor allem was den Platzbedarf angeht. Unser Spielfeld an der Mercedesstraße steht uns für Trainingszwecke unter der Woche nur an vier Tagen zur Verfügung. Eigentlich zu wenig. Die Aktivenmannschaften trainieren auf einem halben Feld. Das ist für den Punktspielbetrieb alles andere als optimal. Darüber hinaus sind wir über das Stadtgebiet in verschiedene Hallen verteilt. Auch da sind die Bedingungen für Hockey nicht überall gut. Es könnten durchaus einige Hallenkapazitäten mehr sein, zumal die Kinder aufgrund der Ganztagsschule auch erst gegen Abend ins Training können.
Reinmüller: Trotz dieser beengten Voraussetzungen ist es super, was sportlich möglich ist. Die Damen und Herren spielen in der Oberliga und die beiden männlichen Jugenden U14 und U16 haben sich kürzlich den Titel in der Verbandsliga Baden-Württemberg gesichert.
Wie soll es aus sportlicher Sicht weitergehen?
Reinmüller: Mittelfristig peilen wir mit beiden aktiven Mannschaften den Aufstieg in die Regionalliga an.
Nun seid Ihr ja eine Abteilung des großen VfB Stuttgart, bei dem die Fußballer alles überstrahlen. Diese wurden aber ausgegliedert.
Riedel: Sicherlich stand viele Jahre lang alles im Schatten der Profi-Fußballer. Den-noch fanden wir Beachtung, wobei diese seit der Ausgliederung der Fußballer deut-lich gestiegen ist. Verantwortliche besuchen unsere Spiele, sind bei Weihnachtsfeiern vertreten. Zudem tauschen wir uns regelmäßig aus und besprechen die Strategien. Darüber hinaus wird der Abteilung auch mehr Geld genehmigt. Wir haben die Verantwortlichen überzeugt, dass zwei hauptamtliche Trainer sinnvoll sind und das Hockey beim VfB voranbringen.
Reinmüller: (lacht): Außerdem sind wir nun die mitgliederstärkste Abteilung des VfB Stuttgart.
Heute wird das 100-jährige Abteilungsbestehen groß gefeiert. Was war die Sternstunde in der Historie?
Reinmüller: Im Jahr 1991: Da sind sowohl die Frauen als auch die Männer in die Regionalliga aufgestiegen.
Und der Tiefpunkt?
Riedel: Ganz klar im Jahr 1972. Dem VfB ging es finanziell insgesamt schlecht, des-halb wurde eine Umlage auf die Mitglieder beschlossen. Ein großer Teil der Hockeyspieler sah das nicht ein und wechselte zu Rot-Weiß Stuttgart. Deren Hockey-Abteilung löste sich 1988 auf, und die Abgewanderten wanderten wieder zurück zum VfB und starteten in den Folgejahren durch.
Was wünschen Sie Ihrer Abteilung für die kommenden 100 Jahre?
Riedel und Reinmüller: Dass der Team- Gedanke und das Wir-Gefühl in unserer Abteilung weiter so ausgeprägt bleiben. Gleichzeitig sich der Erfolg auch weiterhin einstellt.
Die Fragen stellte Torsten Streib.
Cannstatter Zeitung, 19.10.2019